Ehepaar Fink mit den Azlabs
Wir wollten uns ein Bild machen. Vor einigen Wochen hatten wir gefragt: „Wo ist eigentlich Quamishli?“ Sie erinnern sich. Quamishli liegt an der türkischen Grenze und wird teils von Kurden, teils von syrischen Regime-Truppen kontrolliert. Auch hier herrscht seit 2011 der Bürgerkrieg. Familie Alzab sieht keinen Ausweg mehr und ergreift mit ihren fünf Kindern die Flucht. Die Stadt liegt in Schutt und Asche. Ein geregelter Schulbesuch ist ebenso wenig möglich wie ein halbwegs normales Leben. Mohammed, Mosab, Marah, Rahab und Toka kennen wir nun seit vielen Wochen. Wir reden heute mit Toka, sie ist 19 und spricht nach kurzer Zeit schon sehr passables Deutsch.
Soweit die Füße tragen
Der lange und gefährliche Weg beginnt mit einem langen Fußmarsch zur türkischen Grenze, die mitten in der Nacht im Schutz der Dunkelheit illegal überschritten wird. Mit dem Bus geht es dann nach Izmir. Es dauert 15 Tage bis die Flucht nach Griechenland organisiert ist. Ausrüstung muss gekauft und Schleuser bezahlt werden. Eine abenteuerlich gefährliche Bootsfahrt bringt die völlig erschöpfte Familie auf die griechische Insel Mytilini.
Der Alptraum beginnt: Die Übernachtung im Flüchtlingslager wird zur Tortur. 10 Tage im Zelt, kaum Wasser. Die geringsten Fragen nach Hilfe führen zu Repressalien seitens der Polizei. Die Familie entschließt sich zu einem Gewaltmarsch von 45 Kilometern. Flucht nach vorn. Man ergattert einen Fährenplatz und setzt über nach Mazedonien. Der Weg führt ins nächste Zeltlager. Es bleibt gefährlich und alles andere als lebenswert. 500 Leute hausen in einem Zelt, auch hier agiert die Polizei brutal. Die Familie wird sogar getrennt. Mit dem Zug werden die Alzabs mit vielen anderen zur serbischen Grenze gebracht. Glücklicherweise findet man hier wieder zusammen und flüchtet heimlich nach Serbien.
Zu Fuß geht es weiter durch Ungarn nach Österreich. München, Dortmund und jetzt Wermelskirchen. Auf dem langen Weg alles Materielle verloren, vielleicht wird aber eine Perspektive gewonnen. Zumindest für die Kinder, hoffen die Eltern.
Perspektive für fünf Kinder
Kids4Golf e.V. will sich kümmern. Toka hat das syrische Abitur gemacht und möchte Informatik studieren. Im Moment suchen wir für sie einen Gutachter, der das Zeugnis übersetzt. Sie spricht sehr gut Englisch und hat in der kurzen Zeit schon sehr gut Deutsch gelernt. Vielleicht finden wir ja einen Praktikumsplatz, der ein wenig mit IT zu tun hat. Aktuell besucht sie das Berufskolleg und dort die Informatikklasse.
Ihre Schwester Rahab hat auch das syrische Abitur. Auch sie besucht das Berufskolleg (Gesundheit und Soziales). In den nächsten Tagen vermitteln wir ihr das Vorstellungsgespräch in einer großen Zahnarztpraxis (ein guter Golfer aus unserem Club will es versuchen).
Auch um die anderen Geschwister werden wir uns etwas intensiver kümmern.
Ach übrigens: Golferisch sind die Alzabs lernbegierig, ehrgeizig und machen große Fortschritte.
Und da war noch der Gönner, der ein Maler-Praktikum anbietet. We are family. Wir werden berichten.
Das Gespräch führten Karl-Heinz und Agathe Fink.